Die Geschichte des IKV: Tradition trifft Innovation
Wir sind Pioniere der Kunststofftechnik seit 1950
Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen blickt auf eine bewegte und wegweisende Geschichte zurück. Seit seiner Gründung im Jahr 1950 als eines der ersten Institute seiner Art hat sich das IKV stets an der Spitze technologischer Entwicklungen und wissenschaftlicher Innovationen in der Kunststofftechnik positioniert. Gegründet in einer Zeit, als Kunststoffe noch überwiegend als handwerklich geprägte Materialien galten, entwickelte sich das Institut rasch zu einer international anerkannten Forschungseinrichtung und einem Bindeglied zwischen Wissenschaft und Industrie.
Die Jahrzehnte seiner Geschichte spiegeln nicht nur den Fortschritt in der Kunststoffverarbeitung wider, sondern auch die dynamischen Veränderungen in der Branche. Vom handwerklichen Ursprung über die frühe Automatisierung und digitale Vernetzung bis hin zur heutigen Rolle als Mitgestalter der Industrie 4.0 – das IKV hat in jedem Jahrzehnt wegweisende Impulse gesetzt. Entdecken Sie die Meilensteine unserer Entwicklung und erleben Sie die Geschichte eines Instituts, das den Kunststoff als Werkstoff für eine nachhaltige Zukunft begreift.
Seit 2020
Die Verschmelzung von Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft
Im aktuellen Jahrzehnt nimmt das IKV seine Rolle als Vorreiter in der Kunststofftechnik aktiv wahr und reagiert auf die wachsenden Herausforderungen der Branche, insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Ein zentrales Anliegen ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft: Zahlreiche Forschungsprojekte konzentrierten sich auf die Verbesserung von Recyclingprozessen, Materialeffizienz und die Entwicklung umweltfreundlicher Kunststoffprodukte. Ein Beispiel dafür ist das 2023 ins Leben gerufene H2 Business and Technology Forum, welches den Dialog zwischen der Wasserstoffwirtschaft und der Kunststoffindustrie fördert, um gemeinsame Lösungen für nachhaltige Energiekonzepte zu entwickeln.
Im Exzellenzcluster Internet of Production untersucht das IKV die Integration von Künstlicher Intelligenz in die Kunststoffverarbeitung. Als Konsortialführer des Innovationslabors KIOptiPack im KI-Anwendungshub für Kunststoffverpackungen kombiniert das IKV seine Expertise in Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung. Hier werden KI-basierte Anwendungen in Design, Fertigung und Recycling entwickelt, die eine intelligentere und ressourcenschonendere Produktion ermöglichen.
Die Modernisierung der Infrastruktur auf dem Campus Melaten, einschließlich des Plastics Innovation Center 4.0 (PIC 4.0), und die Zusammenführung aller Forschungsbereiche an einem zentralen Standort fördert seit 2022 die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den IKV-Forschungsbereichen sowie mit verschiedenen anderen Forschungsinstitutionen der RWTH.
Die COVID-19-Pandemie stellte auch das IKV vor große Herausforderungen. Zwischen 2020 und 2022 mussten nicht nur zahlreiche Veranstaltungen, darunter das IKV-Kolloquium, abgesagt oder digital durchgeführt werden, sondern auch die Lehre musste in ein digitales Konzept überführt werden. Ein Rückgang von Studierendenzahlen im Fachbereich Maschinenbau setzte ein, der unter anderem auch durch die Pandemie bedingt war, die die (internationale) Mobilität der Studierenden einschränkte. Trotzdem zeigte das IKV hohe Resilienz und konnte mit digitalen und hybriden Formaten den Wissenstransfer fortsetzen. 2024 kehrte das IKV-Kolloquium als Präsenzveranstaltung zurück und behandelte die Themen Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung. Hinsichtlich des wissenschaftlichen Nachwuchses setzte das IKV in der Zeit nach der Pandemie gezielte Maßnahmen um, um Studierende und Schüler für den Werkstoff Kunststoff und die Kunststofftechnik zu begeistern.
Seit 2024 verstärkt Prof. Dr.-Ing. Achim Grefenstein als wissenschaftlicher Direktor für Kreislaufwirtschaft das IKV und leitet interdisziplinäre Projekte zur Förderung nachhaltiger Kunststoffverarbeitung und Kreislaufwirtschaft. Diese Projekte verbinden technische Innovationen und greifen politische Regularien auf, um die Kunststoffindustrie kreislauffähig zu machen.
Mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Automatisierung wird das IKV auch in den kommenden Jahren Maßstäbe für die Kunststoffindustrie setzen und seine Rolle als Pionier in der Kunststoffverarbeitung weiter ausbauen.
2010er Jahre
Generationswechsel, Digitalisierung und neue Wege in der Kunststoffverarbeitung
Ein Generationswechsel markiert den Beginn des Jahrzehnts: Am 1. April 2011 übernimmt Prof. Christian Hopmann die Leitung des IKV, die Geschäftsführung der Fördervereinigung und den Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen. Sein Vorgänger, Prof. Walter Michaeli, tritt nach über 20 Jahren prägender Institutsleitung in den Ruhestand. Michaeli bleibt jedoch durch seine vielseitigen ehrenamtlichen Tätigkeiten in Wissenschaft und Industrie eine zentrale Figur der Kunststofftechnik.
Die zunehmende Digitalisierung prägt das Jahrzehnt maßgeblich: Auf der K 2016 demonstriert das IKV eine vernetzte Fertigungszelle für individualisierbare, geschäumte und endlosfaserverstärkte Kunststoff-Hybridbauteile. Dieses Konzept verdeutlicht die Möglichkeiten der »Industrie 4.0« für die Kunststoffverarbeitung. Ein weiteres Highlight ist ein hybrides Fertigungskonzept für die additive Fertigung, das auf der K 2016 vorgestellt wird. Es erweitert das Materialspektrum auf Standardgranulate und gefüllte Thermoplaste, kombiniert automatisierte additive Prozesse mit konventionellen Technologien und ermöglicht die schnelle Herstellung großer Bauteile.
Die Digitalisierung steht auch im Fokus des Exzellenzclusters Internet of Production, der 2019 an die erfolgreiche Arbeit des Clusters Integrative Produktionstechnik anknüpft. Gemeinsam mit über 25 Partnerinstituten erforscht das IKV, wie durch intelligente Datenverarbeitung Produktionsprozesse flexibler und effizienter gestaltet werden können.
Bauprojekte prägen ebenfalls die 2010er Jahre: Mit dem vierten Bauabschnitt wird der Hauptsitz des IKV auf den Campus Melaten verlegt, während die Spritzgießabteilung in der Aachener Innenstadt verbleibt. Dieser Umzug stärkt die Infrastruktur des Instituts und bietet modernste Bedingungen für Forschung und Lehre.
Die Arbeit des IKV findet auch auf persönlicher Ebene Anerkennung: 2014 wird Prof. Christian Hopmann mit dem Innovationspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Ende 2018 wird Dr. Rainer Dahlmann zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Seine Forschungsschwerpunkte – von Oberflächenfunktionalisierung bis Plasmatechnologie – tragen maßgeblich zur Erweiterung des wissenschaftlichen Portfolios des IKV bei.
2000er Jahre
Nachwuchsförderung, strategische Ausrichtung und Exzellenz in der Forschung
Die 2000er Jahre markieren für das IKV eine Zeit des Wandels und der Innovation, geprägt von strategischen Initiativen zur Nachwuchsförderung, von praxisorientierten Veranstaltungen und wissenschaftlicher Exzellenz. Angesichts sinkender Studierendenzahlen und eines drohenden Fachkräftemangels startet das IKV zu Beginn des Jahrzehnts die Initiative P2R. Zwischen 2000 und 2003 bietet das Programm Workshops für Kinder und Jugendliche an, um frühzeitig Begeisterung für die Kunststofftechnik zu wecken und den Nachwuchs für naturwissenschaftlich-technische Berufe zu motivieren. Diese Initiative zeigt das Engagement des Instituts, langfristig die Grundlagen für eine nachhaltige Fachkräfteentwicklung zu schaffen.
Im Bereich der strategischen Weiterbildung startet das IKV mit der Tagungsreihe Erfolgsfaktor Management eine Plattform, die Wissenschaft und Praxis verbindet. Die Veranstaltung stellt innovative Konzepte und Perspektiven zur strategischen Ausrichtung der Kunststoffindustrie vor und fördert den Austausch zwischen führenden Branchenexperten und Forschenden.
2003 gründet das IKV das Zentrum für Kunststoffanalyse und -prüfung, kurz KAP. Es bietet Unternehmen Dienstleistungen zur Kunststoffanalyse und zum Schadensmanagement an. Die umfangreiche Ausrüstung zur Prüfung mechanischer, physikalischer, chemischer und morphologischer Eigenschaften von Kunststoffen und das damit verbundene qualifizierte Personal findet Platz in den neuen Laboren, die mit dem 3. Bauabschnitt auf Melaten geschaffen wurden.
Ein Meilenstein in der wissenschaftlichen Arbeit des IKV ist die erfolgreiche Beteiligung an der ersten Exzellenzcluster-Ausschreibung im Jahr 2004. Der Antrag, der die Kunststofftechnik als eines der zentralen Forschungsfelder des Clusters in den Fokus rückt, überzeugt die internationale Expertenjury und wird gefördert. Mit dem Exzellenzcluster entwickelt sich die Forschung dynamisch: Neue Forschungsprojekte, modernisierte Gebäude und hochmoderne Maschinen stärken die Position des IKV als führendes Institut. Der Status zieht Studierende aus aller Welt nach Aachen.
Die 2000er Jahre stehen somit für eine gelungene Verbindung aus Nachwuchsförderung, praxisnaher Weiterbildung, einem wachsenden Dienstleistungsangebot für die Industrie und Spitzenforschung, die die Weichen für die Zukunft des IKV stellt.
1990er Jahre
Neue Räume, internationale Perspektiven und innovative Technologien
Die 1990er Jahre markieren für das IKV eine Ära bedeutender technologischer Entwicklungen und einer zunehmenden Auseinandersetzung mit den Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Die Einführung der Verpackungsverordnung 1991 und das damit verbundene Recycling-System „Grüner Punkt“ setzen neue Impulse in der Kunststoffverarbeitung. Die Privatwirtschaft wird erstmals in die Verantwortung genommen, Wertstoffe systematisch zu sammeln und wiederzuverwerten. Für das IKV eröffnen sich dadurch neue Forschungsfelder rund um Recycling und nachhaltige Materialkreisläufe.
Das Jahrzehnt bringt für das IKV aber auch bedeutende räumliche Entwicklungen. Mit der Grundsteinlegung 1992 beginnt der Ausbau des Demonstrationszentrums für Faserverbundkunststoffe im Erweiterungsgebiet Seffent Melaten (heute Campus Melaten). Bereits 1993 zieht die Abteilung Faserverstärkte Kunststoffe in die neuen Räumlichkeiten ein, die mit 1.500 m² ideale Bedingungen für Forschung und Entwicklung bieten. Zwei Jahre später wird das Zentrum offiziell eröffnet, und 1998 folgt die Übergabe eines weiteren Erweiterungsbaus. Diese Standortentwicklung stärkt das IKV als führendes Institut in der Kunststofftechnik und ebnet den Weg für eine moderne, zentralisierte Infrastruktur.
Parallel dazu erweitert das IKV seine internationale Reichweite: 1991 startet der EUPOCO-Aufbaustudiengang „Polymers and Composites Engineering“ in Kooperation mit der katholischen Universität Leuven, Belgien. Dieses Programm zieht 35 Studierende aus 12 Ländern an und unterstreicht die Rolle des IKV als global vernetztes Kompetenzzentrum.
Wissenschaftlich rücken neue Technologien wie die Gasinjektionstechnik (GIT) in den Fokus. Dieses Verfahren ermöglicht nicht nur die Materialeinsparung und Verkürzung von Zykluszeiten, sondern erschließt auch neuartige Anwendungen, insbesondere durch die Kombination mit faserverstärkten Materialien. Mit einer patentierten Weiterentwicklung setzt das IKV neue Standards in der Leichtbauweise und der Automobilindustrie.
Auch die Anerkennung der wissenschaftlichen Leistungen des IKV spiegelt sich in den 1990er Jahren wider: 1996 verleiht die Technische Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg Prof. Dr.-Ing. Walter Michaeli die Ehrendoktorwürde – eine Würdigung seines herausragenden Beitrags zur Kunststofftechnik.
1980er Jahre
Wegbereiter der digitalen Produktion
Die 1980er Jahre brachten dem IKV wesentliche Fortschritte in der Automatisierung und Digitalisierung der Kunststoffverarbeitung. Die Dekade begann mit der Gründung der Fachgruppe Kunststofftechnologie an der Gesamthochschule Paderborn unter der Leitung des ehemaligen IKV-Mitarbeiters Professor Helmut Potente, womit das Wissen und die Innovationen des IKV auch an anderen Hochschulen verbreitet wurden. Über das Jahrzehnt der 1980er Jahre baut das IKV auch seine internationalen Kontakte aus. Ein bis heute in zahlreichen Aktivitäten gelebter Kontakt und Austausch entsteht mit dem Polymer Engineering Center (PEC) der Universität von Wisconsin-Madison.
Ein bedeutender Höhepunkt der 1980er Jahre war die Teilnahme des IKV an der Kunststoffmesse K’83. Unter dem Leitmotiv „Fabrik der Zukunft“ präsentierte das IKV ein zukunftsweisendes Konzept, das die gesamte Produktionskette von der Konstruktion bis zur Fertigung abdeckte. Die Messebesucher konnten live das vom IKV entwickelte Softwarepaket zur Werkzeugauslegung erleben, das thermische, mechanische und rheologische Aspekte in der Konstruktion berücksichtigte und einen umfassenden Ansatz zur Optimierung der Produktionsqualität und Effizienz darstellte.
1984 stellte Prof. Georg Menges auf dem 12. IKV-Kolloquium die Automatisierung und Qualitätsverbesserung in den Mittelpunkt. Er betonte, dass reproduzierbare und automatisierte Fertigungsprozesse entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Kunststoffindustrie seien und dass nur so hohe und gleichbleibende Qualität gewährleistet werden könne. Dies setzte ein starkes Zeichen für die Rolle der Automatisierung im Bereich der Kunststofftechnik.
Die Einführung von CIM (Computer Integrated Manufacturing) war ein weiterer Meilenstein, der vom IKV auf der K’86 Messe demonstriert wurde. An einem praktischen Beispiel zeigte das IKV, wie die Vernetzung von CAD, CAE und CAM-Systemen den gesamten Fertigungsprozess digital integrieren konnte – von der Konstruktion über die Werkzeugfertigung bis zur Serienproduktion. Die Umsetzung des CIM-Konzepts ermöglichte eine Just-in-Time-Produktion und optimierte Produktionsprozesse für kleinere Losgrößen und höhere Effizienz, ein entscheidender Schritt hin zu flexibler und wirtschaftlicher Fertigung. Obwohl CIM zunächst belächelt wurde, bildeten die vom IKV entwickelten Konzepte die Basis für die heutigen Industrie-4.0-Standards und legten den Grundstein für die digitale Vernetzung und Automatisierung in der Kunststoffindustrie.
Die 1980er Jahre waren somit eine prägende Dekade, in der das IKV seine Position als innovativer Treiber der Branche festigte und die Kunststoffverarbeitung nachhaltig veränderte. Sie markierten aber auch einen wichtigen personellen Wechsel in der Institutsleitung. Im September 1987 wird Prof. Dr.-Ing. Walter Michaeli auf den Stiftungslehrstuhl Kunststoffverarbeitung berufen und übernimmt ab Januar 1988 offiziell die Leitung des IKV.
Am Vorabend zum 14. Kolloquium im März 1988 wird Prof. Georg Menges im Krönungssaal des Aachener Rathausese offiziell verabschiedet. Unter den Ehrengästen war auch der damalige Bundesminister für Forschung und Technologie Dr. Heinz Riesenhuber.
1970er Jahre
Der Weg in die moderne Kunststoffverarbeitung und Automatisierung
Die 1970er Jahre waren für das IKV eine Dekade wegweisender Entwicklungen, die den Weg in die moderne Kunststoffverarbeitung und Automatisierung bereiteten. Auf dem 6. IKV-Kolloquium wurde eine speziell ausgestattete Spritzgießmaschine mit Prozessrechner vorgestellt – ein innovatives, wenn auch kostenintensives Projekt. Trotz anfänglicher Skepsis in der Industrie legte diese Entwicklung den Grundstein für die Automatisierung der Spritzgießtechnik und beeinflusste die Branche nachhaltig. In der Presse war die Rede von „Produktion in Geisterschichten“ und die Schweizerische Handelszeitung „Wirtschaft + Technik“ titelte: „Wie von Geisterhand gesteuert“ und beschrieb damit die am IKV entwickelte Maschine als „eine […], die – unter der Voraussetzung eines arbeitsfähigen Werkzeugs und normalen Werkstoffes – keine Bedienung benötigt.“ (Zitat 16. April 1981)
Die wachsende Bedeutung des IKV musste unweigerlich auch eine räumliche Expansion nach sich ziehen. So konnte im Frühjahr 1977 der Neubau in der Pontstraße 55, Ecke Tempergraben, bezogen werden. Er bot mit 1000 m² Nutzfläche Platz für eine moderne Spritzgießhalle und neue Labore und Büroräume.
Auch die Abteilung Handwerk des Instituts expandiert. In ihrem Tätigkeitsbericht von 1976 kann das IKV verkünden, dass in den inzwischen 27 Kursstätten im Bundesgebiet und West-Berlin 419 Kunststofflehrgänge zusammen mit dem Süddeutschen Kunststoff-Zentrum Würzburg angeboten wurden. Seit der Gründung des IKV im Jahr 1950 besuchten insgesamt mehr als 50 000 Teilnehmer diese Lehrgänge.
Parallel dazu gründete sich innerhalb des Verbands Deutscher Ingenieure die VDI-Gesellschaft für Kunststofftechnik. Sie förderte den fachlichen Austausch und die Weiterbildung im Bereich der Kunststofftechnik und trug dazu bei, den wachsenden Wissensbedarf in der Industrie zu decken und neue Fachkräfte zu fördern.
Eine besondere mediale Aufmerksamkeit erhielt das IKV durch ein Interview von Prof. Georg Menges im Vorfeld des 8. Kunststofftechnischen Kolloquiums 1976. In der Aachener Volkszeitung sprach Menges über die Rolle von Kunststoffen und ihre Perspektiven im Zusammenhang mit Recycling, Ressourcenschonung und Automatisierung. In dem bemerkenswerten Gespräch skizzierte er, wie Kunststoffe aus unterschiedlichsten Rohstoffen hergestellt werden können und betonte, dass Kunststoffe eine Schlüsselrolle in der Zukunft spielen werden – auch in Zeiten von Rohstoffknappheit.
Dieses Interview, das durch die damalige Ölkrise und die Umweltdebatte besonders aktuell war, spiegelte das große Innovationspotenzial des IKV wider und antizipierte Menges‘ spätere Pionierarbeit im Recycling. Die 1970er Jahre führten das IKV in eine Phase der Modernisierung, die die Basis für die kommenden Herausforderungen in Forschung und Nachhaltigkeit legte.
Die 1960er Jahre
Wachstum und Internationalisierung
In den 1960er Jahren setzte das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen seinen dynamischen Ausbau fort. Mit der Einweihung des Neubaus im Jahr 1959 gewann das Institut dringend benötigten Raum für Lehre und Forschung, und die Leitung ging an Prof. A.H. Henning über. Bereits 1962 wuchs das IKV weiter und bezog zusätzliche Räumlichkeiten im ehemaligen Kolpinghaus in der Pontstraße 51.
Doch das Wachstum blieb nicht ohne Herausforderungen: Nach Hennings plötzlichem Tod im Mai 1964 übernahm Karl Krekeler erneut die Institutsleitung bis 1965 Prof. Georg Menges berufen wurde. Menges, mit umfangreicher Praxiserfahrung in der Kunststoffverarbeitung, brachte neue Impulse in die Forschung und Lehre. Am 5. November 1965 feierte das IKV sein 15-jähriges Bestehen und eröffnete neue Erweiterungsbauten, die das Institut mit einer zusätzlichen Fläche von 660 Quadratmetern versorgten. Unterstützt von Landesmitteln, der Stiftung Volkswagenwerk und der Industrie, konnte das Institut seine Forschungsfelder wie Extrusion, Spritzgießen, Werkstoffprüfung und Fügetechnik ausbauen.
Ein weiterer Meilenstein war die Einführung von Menges‘ Vorlesung „Kunststoffverarbeitung“ im Sommersemester 1966, die schnell steigende Studierendenzahlen verzeichnete. Noch im selben Jahr leitete Menges das erste IKV-Kolloquium seit 1955. Von nun an fanden die Kolloquien alle zwei Jahre statt und entwickelten sich zu einem zentralen Treffpunkt für Fachleute und Unternehmen der Kunststoffindustrie.
Das 4. Kolloquium 1968 verdeutlichte das Wachstum und die Bedeutung des Instituts. Mit etwa 750 Teilnehmern, darunter 50 internationale Gäste, war es ein großer Erfolg. In enger Zusammenarbeit mit anderen Instituten der RWTH wurden interdisziplinäre Beiträge zur Kunststofftechnik geliefert – vom rheologischen Verhalten von Kunststoffschmelzen bis zur Photogrammetrie zur Festigkeitsprüfung.
Zum Ende des Jahrzehnts setzte das IKV neue Akzente und entwickelte eine Qualifikation für die Herstellung von Kunststofffenstern, wodurch das Institut einmal mehr seine praxisnahe Ausrichtung unterstrich und für die Industrie einen weiteren wertvollen Beitrag leistete. Der Zuspruch aus der Industrie zeigte sich auch in der inzwischen auf 107 Unternehmen angewachsenen Fördervereinigung.
1950er Jahre
Nachkriegszeit und Neuanfang
Die Geschichte des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen beginnt in der Nachkriegszeit. Mit der Wiederaufnahme des Lehrbetriebs 1946 begann eine Ära der Neugründung und des Wachstums. Die steigende Bedeutung der Kunststoffverarbeitung in Westdeutschland führte zur Notwendigkeit von qualifiziert ausgebildetem Personal für diese Branche. Der „Verband für Schweißen und verwandte Verfahren“ wählte 1949 den Studienort Aachen für die Kunststoffausbildung.
Am 27. Oktober 1950 wurde das IKV im Rahmen eines großen Kolloquiums offiziell eröffnet. Unter der Leitung von Prof. Karl Krekeler konzentrierte sich das Institut zunächst auf die handwerkliche Kunststoffverarbeitung. Die Gründung eines Fördervereins mit anfangs acht Unternehmen, darunter die namhaften Firmen Bayer und Chemische Werke Hüls, im Jahr 1951 gab dem IKV eine starke industrielle Basis, die den Institutsbetrieb und den weiteren Aufbau ermöglichte.
Ein erster Meilenstein in der Forschungsarbeit des IKV war die Veröffentlichung eines Fachaufsatzes zum Schweißen von Kunststoffen in der Fachzeitschrift „Kunststoffe“ 1952. Bereits 1955 fand das zweite Kolloquium statt, diesmal mit dem Schwerpunkt auf anwendungsbezogener Forschung. Im selben Jahr promovierte mit Helmut König der erste Ingenieur am Institut.
In den folgenden Jahren wuchs das IKV beständig weiter. 1956 wurde eine Abteilung für handwerkliche Aus- und Weiterbildung geschaffen, die unabhängig vom regulären Institutsbetrieb organisiert wurde. Diese Abteilung legte den Grundstein für die praxisorientierte Ausbildung, die das IKV auch heute noch prägt.
1958 konnte schließlich der Grundstein für ein neues Gebäude gelegt werden, das 1959 eingeweiht wurde und dem IKV modernen Raum für Forschung, Lehre und Verwaltung bot. Mit der Einweihung des neuen Gebäudes übergab Karl Krekeler die Leitung an A.H. Henning und leitete damit eine neue Phase der Institutsentwicklung ein.