
Praxisbeispiele Branche: Elektrik & Elektronik

Blasenbildungen
an Kunststoff-Platinensteckern

Problemstellung
Der Begriff des „Blister-Effekts“ beschreibt das in der Branche bekannte Phänomen von Blasenbildungen an Kunststoff-Platinensteckern, wie sie beim automatisierten Verlöten auftreten können. Der Effekt ist in einigen Fällen bis zu einem gewissen Grad tolerierbar. Geht jedoch ein größerer Maßhaltigkeitsverlust damit einher, können im schlimmsten Fall ganze Baugruppen zur Ausschussware werden. Das vorliegende Beispiel behandelt einen solchen Serienschadensfall, bei dem der Blister-Effekt dazu führte, dass Gehäusedeckel der Baugruppen nicht mehr ordnungsgemäß montiert werden konnten.
Methodik: Gefügeanalyse betroffener Stecker
- Makroskopische und mikroskopische Fehlerbilddokumentation
- Dünnschliffpräparation zuvor eingebetteter Stecker
- Lichtmikroskopische Untersuchung der Dünnschliffpräparate im Hellfeld
Ergebnis: Verarbeitungsfehler im Spritzgießprozess
Die betroffenen Stecker zeigen blasenförmige Aufwölbungen an der Oberfläche. Bei höherer Vergrößerungen wird eine ungenügende Oberflächenabformung sichtbar, die auf ein zu niedriges Prozesstemperaturniveau hindeutet. Im Bauteilquerschliff zeigen sich nestartige Hohlräume innerhalb des Steckers, bei denen es sich um herstellungsbedingte Lunker handelt. Durch die hohe Temperatureinwirkung beim maschinellen Löten können im Bauteil vorhandene Molekülorientierungen relaxieren, wodurch es zur Delamination vorhandener Randschichten und dadurch zur Ausbildung des Blister-Effekts kommt.

Im vorliegenden Fall war der Hohlraumanteil im Bauteil so groß, dass fehlerhafte Stecker im Produktionsprozess gravimetrisch identifiziert werden konnten.

Christoph Zekorn
Laborleiter Mikroskopie
Elektronik-Komponenten
auf Platinen unter Biegelast

Problemstellung: Produkterprobung unter realitätsnahen Bedingungen
Elektronikkomponenten auf entsprechenden Platinen unterliegen in der Regel keinen großen mechanischen Belastungen. Auf Grund neuer Geometrien und Einsatzbereiche ist dies heutzutage jedoch nicht mehr gänzlich auszuschließen.
Daher wird an neuen Materialverbindungen geforscht, die hohen mechanischen Belastungen standhalten, ohne einen Verlust der elektrischen Funktionalität aufzuweisen. Zum Nachweis der elektrischen Funktionalität werden On-Line Prüfungen realisiert, bei denen gleichzeitig unter hoher mechanischer Belastung die Produkteigenschaften überwacht werden.
Methodik: Biegeversuche an Platine mit elektrischen Leiterbahnen
- 3-Punkt-Biegeversuche an Platinen mittels Universalprüfmaschine
- Simultane Überwachung der elektrischen Leitfähigkeit
- Aufzeichnung der Kraft/Verformungskurve in zyklischer Verfahrweise
Ergebnis: Kein Verlust der elektrischen Leitfähigkeit
Die neu entwickelten Platinen mit Leiterbahnen werden über 2 simultan laufende Prüfverfahren charakterisiert: Das Erfassen der elektrischen Leitfähigkeit während eines gleichzeitig ablaufenden mechanischen Biegevorgangs. Hierbei kann ein großes Spektrum an Durchbiegungen auch in zyklischer Verfahrweise untersucht werden und so eine sukzessive Laststeigerung simuliert werden (vergleiche Bild links).

Die mittels spezieller Elektronik on-line überprüfte Funktionalität der Bauteile ist bei den durchgeführten Biegeversuchen stets gegeben. So kann anhand dieses Prüfaufbaus im Rahmen einer Qualitätssicherung oder Wareneingangskontrolle untersucht werden, ob die Funktionalität bei gegebener, äußerer mechanischer Last gewährleistet werden kann. Neben Kurzzeitbelastungen können die Bauteile auch Langzeitbelastungen ausgesetzt werden. Um das Ermüdungsverhalten der Elektronikkomponente erweitert zu charakterisieren, bieten sich dynamisch-zyklische Dauerschwingversuche an.

Dipl.-Ing. (FH) Christiane Wintgens
Projektingenieurin Dynamische Prüfung
Untersuchung von
LED-Platinen für Frontscheinwerfer

Problemstellung: Ablösungen an LED-Platinen
LED-Platinen, die bei Frontscheinwerfern von Automobilen Verwendung finden, wurden am IKV im Rahmen eines Forschungsprojekts über ein LSR-Spritzgießverfahren mit einer Silikonoptik versehen. Trotz konstanter Prozessparameter traten an bestimmten Platinenchargen Ablösungen der Silikonkomponente im Bereich des LED-Chips auf, wodurch die gewünschte Lichtstreuung nicht mehr gegeben war. Zusätzlich wurden teilweise trübe Schlieren in der Silikonoptik beobachtet. Geeignete Untersuchungen sollten zur Ursachenermittlung der Ablösungen beitragen.
Methodik: Mikroskopische Untersuchungen
- Makroskopische und mikroskopische Fehlerbilddokumentation
- Laserkonfokalmikroskopische Untersuchung auffälliger Bereiche
- Feldemissionsrasterelektronenmikroskopische (engl. FESEM) Untersuchung von Querschliffen durch den Schadensbereich betroffener Linsen in Kombination mit der energiedispersiven Röntgenspektroskopie (engl. EDX)
Ergebnis: Verunreinigungen und chargenabhängige Werkstoffschwankungen der LED-Platinen
Im Bereich der Ablösungen wurden an freigelegten Bauteilen sowohl auf der Silikonoptik als auch auf den Platinen Fremdpartikel detektiert. In unmittelbarer Nähe der LED-Chips konnte eine fluidartige Kontamination beobachtet werden. Trübe Schlieren in der Silikonoptik haben aufgrund des Verlaufs ihren Ursprung offensichtlich an der LED-Platine. Lichtmikroskopische Untersuchungen an weiteren LED-Platinen zeigten Verschmutzungen an Neuteilen in Folge eines ungenügenden Transportschutzes.

Die Schlierenbildung findet wahrscheinlich während des Spritzgießvorgangs statt und ist vermutlich auf eine Wechselwirkung zwischen Silikonmasse und Einbettmasse der LED-Chips zurückzuführen
Die EDX-Untersuchung belegte die Verwendung unterschiedlicher Werkstoffe im Bereich der LED-Chips. Die Ablösungen konnten einer Charge zugeschrieben werden, bei der Komponenten aus alternativen Werkstoffen eingesetzt wurden. Bei der unauffälligen Charge wurden unter anderem Germanium und Silizium verwendet, die Charge mit auftretenden Ablösungen wies Silizium und Magnesium auf.
Mithilfe dieser Untersuchungen konnten die Fehlerursachen unmittelbar abgestellt werden.

Christoph Zekorn
Laborleiter Mikroskopie