
Praxisbeispiele Branche: Verpackungen

Rissbildungen
an PET-Mehrwegflaschen

Problemstellung: Rissbildungen an PET-Mehrwegflaschen
PET-Mehrwegflaschen durchlaufen typischerweise zwanzig und mehr Nutzungszyklen. Während des Waschens, Befüllens, Transports, der Lagerung und der eigentlichen Nutzung beim Verbraucher unterliegen die Flaschen einem Belastungskollektiv, das für jede Flasche individuell ist. Bei sich häufenden Schadensfällen wurden von Verbrauchern Undichtigkeiten im Gewindebereich an PET-Mehrwegflaschen eines bestimmten Typs reklamiert.
Methodik: Nachstellversuche und mikroskopische Analyse (LIM / FESEM)
- Nachstellversuche zwecks Lebenszyklussimulation.
- Die Testflaschen wurden markiert und in laufenden Abfülllinien insgesamt in 10 Durchgängen gewaschen, befüllt, verschlossen und entleert.
- Vergleichende mikroskopische Untersuchungen zur Detektion möglicher Rissbildungen in Abhängigkeit der zuvor durchlaufenen Füllzyklen
Ergebnis: Effektüberlagerung im Gewindebereich
Mit steigender Zahl an Waschzyklen wurde eine Zunahme sichtbarer Anrisse im Gewindebereich beobachtet. Die Risse wurden auf der Flaschenaußenseite initiiert. Jedoch treten diese Risse nicht bei jeder Mehrwegflasche auf: Es konnte eine Korrelation zwischen Rissausbildung und verwendetem Verschlussdesign hergestellt werden. Mithilfe mikroskopischer Methoden wurden Spuren eines chemischen Materialangriffs auf der Gewindeoberfläche nachgewiesen. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um die Wirkung der verwendeten Waschlauge handelt. Weiterhin wurden verarbeitungsbedingte Orientierungen / Spannungen im Gewindebereich der Flaschen gefunden. Die Risse werden durch ein Lastkollektiv von Zug- / Biegespannungen im Gewindebereich hervorgerufen, die durch den vorherrschenden Flascheninnendruck sowie das verwendete Verschlussdesign bedingt werden. Die mediale Belastung durch die Waschlauge vervielfacht die Wirkung der mechanischen Belastungen.

Christoph Zekorn
Laborleiter Mikroskopie
Schadensanalyse an
Folienumverpackungen für Getränkeflaschen

Problemstellung: Versagen der Tragevorrichtung bei Sixpack-Umverpackung
Sixpacks, bei denen sechs PET-Flaschen mithilfe einer Schrumpffolie umverpackt werden, werden bei größeren Gebinden mit einem angeklebten Trageband versehen. Mitunter kommt es zum Versagen der Tragevorrichtung. Die Schadensbilder weisen in der Regel entweder auf eine schlechte Verklebung oder eine zu niedrige Festigkeit der geschrumpften Folie hin. Im vorliegenden Fall erweckt die zeitliche Abfolge der Kundenreklamationen den Anschein, als seien nur einige Chargen betroffen, die auch nur einen gewissen Prozentsatz an fehlerhaften Tragevorrichtungen aufweisen.
Analysemethode: Zugprüfung und optische Messung
Um diesen Unsicherheiten zu begegnen und das Versagensverhalten qualitativ und quantitativ beschreiben zu können, wird mithilfe einer Zugprüfmaschine und einer der realen Belastungssituation angepassten Vorrichtung das Verformungsmuster einer Flaschen-Umverpackung während des Anhebens und Transports ermittelt. Unter Verwendung einer Lochblende wird mit einem nicht anlösenden Lack ein Punktraster auf die Folie gesprüht. Diese präparierten Folienverpackungen werden anschließend auf einer Universalprüfmaschine einer praxisnahen Zugbelastung unterzogen.
Während des Versuchs wird neben der Kraft die Verformung der Folie mit einem optischen Messsystem aufgezeichnet. Die hier eingesetzten optischen Messsysteme bieten bei der Ermittlung von Verformungen mitunter deutliche Vorteile gegenüber anderen Methoden.
Mechanische Aufnehmer sind schlecht an Foliengebilden zu montieren und applizierte Dehnungsmessstreifen verfälschen aufgrund ihrer Eigensteifigkeit das Messergebnis. Optische, berührungslose Systeme stellen hingegen sicher, dass Störungen des zu charakterisierenden Systems minimiert werden. Anhand des Versuchsaufbaus können so die wirkenden Kräfte zu der Verformung der Folienverpackung in Bezug gesetzt werden. Neben den Kraftwirklinien kann so näherungsweise auch ein Maß für das Niveau der Foliendehnung bestimmt werden.
Ergebnis: Praxisrelevante Erkenntnisse zu Verschiebung und Dehnung

Die Untersuchungen mithilfe der optischen Messung bringen wichtige Erkenntnisse zu Verschiebungen und Dehnungen der Folie, wie sie beim üblichen Umgang auftreten können. Sie geben damit auch Erkenntnisse über den Versagensverlauf der Umverpackung. Auf dieser Basis lassen sich Verbesserungsmaßnahmen entwickeln und Spezifikationen für die Folie und die Verklebung erarbeiten.

Tobias Conen, M. Sc.
Laborleiter Mechanische Prüfung
Qualitätssicherung
für Barrierebeschichtungen auf Joghurtbechern

Problemstellung: Qualitätsbestimmung von SiOx-Barrierebeschichtungen für Becher
Verpackte Lebensmittel dürfen häufig nicht oxidieren und der Wassergehalt darf sich nicht ändern, um das Produkt genießbar zu halten. Eindringen von Sauerstoff und Feuchtigkeit ermöglicht zudem das Wachstum von Bakterien und Schimmel und führt somit zum Verderb des verpackten Produktes. Mittels Plasmapoylmerisation können Kunststoffverpackungen, die sonst nur über eine geringe Barrierewirkung verfügen, mit einer Beschichtung mit hoher Sperrwirksamkeit (häufig SiOx-Schichten) ausgestattet werden. Der Hersteller der Kunststoffbecher lässt die Beschichtungen von einem Drittunternehmen vornehmen, verfügt aber über keine Möglichkeit zur Evaluation der Qualität der aufgebrachten Beschichtungen. Aufgrund der Transparenz und geringen Schichtdicke der Beschichtungen von wenigen zehn Nanometern sind die Beschichtungen nicht visuell prüfbar.
Methodik: Schichtnachweis und -charakterisierung
- Schnelltest zum Schichtnachweis mit Infrarotspektroskopie.
- Schichthaftungsmessungen mittels einer Haftungsprüfung (Adhesion Analyzer) und Vergleich mit Erfahrungswerten aus dem IKV für diese Beschichtungsart.
- Beschichtung baugleicher Becher im IKV zur Bildung einer Referenz.
- Vergleich der erzielten Barriereverbesserungen.
Ergebnis: Ausreichende Qualität der Beschichtungen des Lieferanten betätigt

Durch den Schnelltest kann eine SiOx-Beschichtung auf allen gelieferten Proben nachgewiesen werden. Die Schichthaftungsmessungen ergaben für die Anwendung ausreichende Werte.
Die durch die Schichten des Lieferanten erzielten Barriereverbesserungen liegen nahezu im gleichen Wertebereich, wie sie auch mit den im IKV entwickelten Schichten erzielt werden können.

Dr. rer. nat. Sabine Standfuß-Holthausen
Leiterin Spektroskopie
Wiederverarbeitung
von post-consumer Polypropylen

Problemstellung: Wiederverarbeitung von Rezyklaten
Bei der Verwendung von Rezyklat ungewisser Herkunft ist der Reinheitsgehalt häufig unklar. Unter Verwendung einer gezielten Methode zur strukturaufklärenden Materialcharakterisierung kann diese Unsicherheit minimiert, jedoch nicht gänzlich eliminiert werden.
Bei der Aufbereitung von post-consumer Polypropylen (PP) kam es in kurzen Intervallen zu Produktionsstillständen. Ursache war die Verstopfung des Schmelzefilters. Die stichprobenartige Analyse des Ausgangsmaterials mittels Infrarotspektroskopie war unauffällig.
Methodik: Kombination von morphologischen, spektroskopischen und thermischen Verfahren
- Morphologische Charakterisierung des zugesetzten Siebes (Dünnschliff): Verunreinigungen in Form von nicht-plastifizierten Partikeln
- Infrarotspektroskopische Analyse dieser Partikel: Polyethylen im Polypropylen
- Erstaunliches Ergebnis: Die Schmelztemperatur eines PE liegt weit unterhalb der des PPs.
- Folglich sollten die PE-Partikel plastifizierbar sein.
- Thermische Analyse der Partikel mittels DSC: resultierende Schmelztemperatur (Tm = 135 °C) bestätigte das Ergebnis der IR-Spektroskopie. Schmelzenthalpie war gering.
Ergebnis: PE vernetzt und nicht plastifizierbar
Anhand der sehr geringen Schmelzenthalpie liegt der Verdacht nahe, dass das PE vernetzt ist. Dadurch war es nicht plastifizierbar und setzt den Schmelzefilter zu. Auf Basis dieser Ergebnisse kann gezielt nach der Quelle der Verunreinigung in der Rezyklierkette gesucht und die Fehlerquelle beseitigt werden.

Wird die Materialcharakterisierung von Rezyklat zu einseitig oder nicht nachhaltig betrieben, kann es zu erheblichen Problemen bei der Verarbeitung kommen. Dieses Beispiel zeigt, warum eine Kombination von spektroskopischen und thermischen Analysen grundsätzlich sinnvoll ist.

Dr. rer. nat. Sabine Standfuß-Holthausen
Leiterin Spektroskopie