Praxisbeispiele aus verschiedenen Branchen

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Medienangriff

bei faserverstärkten Pumpengehäusen

Bild: links: Riss auf der Innenoberfläche der Pumpe; rechts: Dünnschliff im Querschnitt des Gewindes IKV

Problemstellung: Rissbildung an Pumpengehäusen

Bei der Gehäuseabdeckung (PP-GF) einer Umwälzpumpe kam es bereits nach einer kurzen Betriebszeit von ca. 2 Wochen zu Rissen, die durch daraus resultierende Undichtigkeiten augenscheinlich wurden. Die Pumpe wurde zur Förderung alkalischer Medien in der chemischen Industrie eingesetzt (KOH bis zu 5% und Wasser bei 85°C). Bei der Pumpe handelte es sich um ein etabliertes Produkt, das bereits in anderen Bereichen erfolgreich eingesetzt wurde. Die bisherige Einsatzbelastung beschränkte sich jedoch auf die Heißwasserförderung, ohne weitere Chemikalienzusätze. Mit Hilfe geeigneter Untersuchungen sollten mögliche Ursachen für die Rissbildung erarbeitet werden.

Methodik: Mikroskopische Untersuchungen

  • Makroskopische und mikroskopische Fehlerbilddokumentation
  • Mikroskopische Gefügeanalyse im Bereich von Rissen im Bauteil
  • Rasterelektronenmikroskopische (REM) Untersuchung der Bauteiloberfläche und der freigelegten Rissflächen, kombiniert mit der energiedispersiven Röntgenspektroskopie (engl. EDX) zur Identifizierung enthaltener Füll- und Verstärkungsstoffe.

Ergebnis: Unzureichende Verarbeitungsqualität und Medienangriff der Fasern

  • Im Bereich des Gewindes der Pumpe wurde eine ausgeprägte Bindenaht sowie zahlreiche Hohlräume gefunden. Die Bindenaht fiel örtlich mit der Rissbildung zusammen und es zeigten sich hier medieninduzierte Materialverfärbungen.

  • Die Oberflächenuntersuchung im REM ließ im Schadensbereich keine Glasfasern mehr erkennen. Diese wurden offensichtlich aufgelöst und hinterließen zahlreiche Rinnen im Polymer, in denen zuvor die Fasern eingebettet waren.
  • Bild links: Oberfläche mit aufgelösten Fasern durch Medienangriff; rechts: Oberfläche mit Fasern (Bauteil nur mit Wasser bei 85°C getestet) IKV
  • Auch auf den freigelegten Rissflächen zeigte sich ein medialer Angriff auf die Glasfasern. Kernmaterialbereiche ohne vorangegangenen Medienkontakt ließen hingegen intakte Glasfasern erkennen. Der mediale Angriff auf die Glasfasern konnte auf das alkalische Medium zurückgeführt werden:
  • Ausschlaggebend für den Schaden war somit primär eine unzureichende Anforderungsdefinition der Pumpe bezüglich geeignet förderbarer Medien. Die zahlreichen Hohlräume im Material haben die Medienaufnahme in den Werkstoff zusätzlich begünstigt, ebenso wie die ungenügende Formfüllung an der Bauteiloberfläche.
  • Bilder: angegriffene Glasfasern im Elektronenmikroskop IKV

 

Ermüdung

Ermittlung mechanischer Belastungsgrenzen


Ermüdung endbelasteter Serienbauteile IKV

Problemstellung:

Um dynamisch beanspruchte Kunststoffe hinsichtlich ihrer Dauergebrauchseigenschaften zu charakterisieren stehen einerseits nach DIN standardisierte Wöhlerversuche zur Verfügung, die jedoch bis heute nur für metallische Werkstoffe bestimmt sind und für Kunststoffe aufgrund ihrer starken Temperaturabhängigkeit eine hohe Prüfzeit bedeuten. Andererseits bietet das Laststeigerungsverfahren neben einer deutlichen Reduktion von benötigten Prüfkörpern auch eine hohe Zeitersparnis, jedoch ist dieses Verfahren kein standardisiertes. Die beiden Methoden werden im Folgenden anhand eines Beispiels näher vorgestellt.

Ziel dieser Versuche ist es, die dynamische Belastungsgrenze zu ermitteln, bei welcher der Kunststoff unendlich oft belastet werden kann, ohne Versagen zu äußern.

Methodik: Einstufen/Mehrstufen-Dauerschwingversuch

Bild 1: Schematische Darstellung eines Hydropulsers im Zugversuch IKV
  • Charakterisierung eines PA 12 mittels Dauerschwingversuch auf servohydraulisch betriebenen Hydropulsern (Bild 1).
  • Im Dauerschwingversuch nach Wöhler (DIN 50100) werden Prüfkörper bei zweckmäßig gestaffelten Lastniveaus belastet (vergleiche Bild 2, Teil 1), die Bruchschwingspielzahlen für jeweils 5 bis 10 Prüfkörper notiert und im Wöhlerdiagramm aufgetragen.
  • Im Mehrstufen-Schwingversuch, auch Laststeigerungsverfahren genannt, durchläuft ein Prüfköper nach definierter Lastwechselzahl sukzessive eine Erhöhung der Mittel- und Oberlast, so dass die Belastungsgrenze in Form einer kritischen Spannung/Dehnung im Antwortsignal angezeigt wird, vergleiche Bild 2 Teil 2.

    Bild 2: Einstufen und Mehrstufen-Schwingversuche IKV

Ergebnis: Bestimmung kritischer Belastungsgrenzen im Mehrstufen-Schwingversuch

Bild 3 zeigt das Ergebnis eines Laststeigerungsversuchs für das PA 12. Aus dem Diagramm Dehnung/Schwingspielzahl wird mittels Regressionsanalyse die kritische Dehnung und die zugehörige kritische Spannung abgeleitet. Die ermittelten Wertepaare für die fünf untersuchten Prüfkörper zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1: Kritische Spannung abgeleitet aus dem Mehrstufen-Schwingversuch mittels Regressionsanalyse IKV

Aus der Regressionsanalyse wird als kritische Belastungsgrenze im Mittel 12 N/mm² ermittelt. Als unterkritisch gilt die Laststufe davor mit 11,5 N/mm². Dies entspricht etwa 24 % der quasistatischen Zugfestigkeit (48 N/mm²). Evaluierungsversuche bei 11,5 N/mm² im Dauerschwingversuch zeigten bis zu 10 Mio. Lastwechsel kein frühzeitiges Probenversagen.

Bild 3: Dehnung/Schwingspielzahl-Diagramm als Ergebnis des Laststeigerungsversuchs IKV

Abhängig vom Werkstoff kann somit eine Belastungsgrenze in kürzerer Prüfzeit mittels Laststeigerungsverfahren zuverlässig ermittelt werden.

Untersuchung

von LED-Platinen


Ablösung der Silikonoptik IKV

Problemstellung: Ablösungen an LED-Platinen

LED-Platinen, die bei Frontscheinwerfern von Automobilen Verwendung finden, wurden am IKV im Rahmen eines Forschungsprojekts über ein LSR-Spritzgießverfahren mit einer Silikonoptik versehen. Trotz konstanter Prozessparameter traten an bestimmten Platinenchargen Ablösungen der Silikonkomponente im Bereich des LED-Chips auf, wodurch die gewünschte Lichtstreuung nicht mehr gegeben war. Zusätzlich wurden teilweise trübe Schlieren in der Silikonoptik beobachtet. Geeignete Untersuchungen sollten zur Ursachenermittlung der Ablösungen beitragen.

Methodik: Mikroskopische Untersuchungen

  • Makroskopische und mikroskopische Fehlerbilddokumentation
  • Laserkonfokalmikroskopische Untersuchung auffälliger Bereiche
  • Feldemissionsrasterelektronenmikroskopische (engl. FESEM) Untersuchung von Querschliffen durch den Schadensbereich betroffener Linsen in Kombination mit der energiedispersiven Röntgenspektroskopie (engl. EDX)

Ergebnis: Verunreinigungen und chargenabhängige Werkstoffschwankungen der LED-Platinen

Im Bereich der Ablösungen wurden an freigelegten Bauteilen sowohl auf der Silikonoptik als auch auf den Platinen Fremdpartikel detektiert. In unmittelbarer Nähe der LED-Chips konnte eine fluidartige Kontamination beobachtet werden. Trübe Schlieren in der Silikonoptik haben aufgrund des Verlaufs ihren Ursprung offensichtlich an der LED-Platine. Lichtmikroskopische Untersuchungen an weiteren LED-Platinen zeigten Verschmutzungen an Neuteilen in Folge eines ungenügenden Transportschutzes.

Querschliffaufnahme durch Chip (FESEM) IKV

Die Schlierenbildung findet wahrscheinlich während des Spritzgießvorgangs statt und ist vermutlich auf eine Wechselwirkung zwischen Silikonmasse und Einbettmasse der LED-Chips zurückzuführen

Die EDX-Untersuchung belegte die Verwendung unterschiedlicher Werkstoffe im Bereich der LED-Chips. Die Ablösungen konnten einer Charge zugeschrieben werden, bei der Komponenten aus alternativen Werkstoffen eingesetzt wurden. Bei der unauffälligen Charge wurden unter anderem Germanium und Silizium verwendet, die Charge mit auftretenden Ablösungen wies Silizium und Magnesium auf.

Mithilfe dieser Untersuchungen konnten die Fehlerursachen unmittelbar abgestellt werden.