Innovative Prüfmethoden zur Charakterisierung der Anbindungsfestigkeit von UD-Tapes in Spritzgießbauteilen
Thermoplastische Glasfasertapes bieten enormes Leichtbaupotential für Spritzgießbauteile. Um werkstoff- und prozessbedingte Herausforderungen wie Eigenspannungen und Grenzflächenversagen zu meistern, ermöglichen neuartige Tape-Einleger mit integrierten faseroptischen Sensoren die präzise Messung von Temperatur- und Dehnungshistorien. So wird eine fundierte Charakterisierung der Anbindungsfestigkeit unter realen Bedingungen möglich.
Ausgangssituation / Problemstellung:
Lokale Verstärkungen in Spritzgießbauteilen mit thermoplastischen Glasfasertapes eröffnen ein wesentliches Leichtbaupotential, welches dem ökonomisch und zunehmend auch ökologisch getriebenem Imperativ nach Strukturleichtbau in Großserienanwendungen gerecht wird. Hierdurch werden neue, wirtschaftlich tragfähige und umweltfreundliche Auslegungsansätze für Spritzgießbauteile erschlossen. Vorhergehende simulative und praktische Untersuchungen konnten bereits großseriennah zeigen, dass durch die Einbringung von kostengünstigen unidirektionalen Glasfasertapes Spritzgießmasse in einem Verhältnis von einer Gewichtseinheit Tape zu 13 Gewichtseinheiten Spritzgießmasse eingespart werden kann. Dies wird ohne Tape-induzierten Bauteilverzug und bei gleichbleibender Bauteilsteifigkeit erreicht. Allerdings führen werkstoffliche Unterschiede in der Steifigkeit und Temperaturausdehnung zwischen Spritzgießmasse und Glasfasertape insbesondere im Spritzgießprozess zu erheblichen Eigenspannungen im Anbindungsbereich. Hieraus kann ein frühzeitiges Versagen entlang der Grenzfläche und der damit einhergehende Verlust der strukturellen Integrität des Bauteils resultieren. Folglich ist die Charakterisierung, Modellierung und Prüfung der Anbindungsfestigkeit zwischen Tape und Spritzgießmasse in Abhängigkeit der Werkstoff- und Prozessgrößen ein notwendiger Zwischenschritt zur weiterführenden Etablierung der Tape-Technologie für Spritzgießbauteile. Die hierzu notwendigen Probekörper unterliegen jedoch selbst einem bislang nicht charakterisierbaren Tape-induzierten Eigenspannungszustand, wodurch die Messung der wahren Anbindungsfestigkeiten nicht ohne weiteres möglich ist. Zudem ist die in-situ Messung der Temperaturhistorie im Anbindungsbereich zwischen Tape und Spritzgießmasse mit gegenwärtigen Messmethoden nicht möglich. Folglich besteht ein Bedarf nach neuen Prüfmethoden zur Charakterisierung der Anbindungsfestigkeit unter Berücksichtigung der Temperaturhistorie.

Zielsetzung:
Zur Entwicklung von Prüfmethoden zur Charakterisierung der Anbindungsfestigkeit unter Berücksichtigung der Temperaturhistorie werden neuartige Tape-Einleger mit integrierten faseroptischen Temperatur- und Dehnungssensoren untersucht. Hierdurch soll die Messung der Temperaturhistorie im Spritzgießprozess und eine Messung der lokalen Dehnung im Probekörper nach dem Spritzgießen ermöglicht werden.
Lösungsweg und Ergebnisse:
Die Einbringung von Sensorfasern, die mechanisch mit dem Laminat des Einlegers gekoppelt sind, ermöglicht die Messung des lokalen Dehnungszustands. Die mechanische Entkopplung der Sensorfasern vom Laminat, etwa durch die Verwendung von Kapillarrohren, erlaubt wiederum die lokale Temperaturmessung. So wird der Rückschluss auf die prognostizierte Anbindungsfestigkeit und eine bereinigte Messung der Anbindungsfestigkeit ermöglicht.
Projektdaten und Förderung
Die vorgestellten Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der National Science Foundation (NSF) im Rahmen des Forschungsprojekt „NSF-DFG: Multiscale Data-Physics Models for the Critical Role of Interfaces in Overmolded Thermoplastic Parts“ finanziell gefördert. Ihr gilt unser ausdrücklicher Dank.
Projektlaufzeit: 3/2024 bis 2/2027