Bei der Verarbeitung von Post-Consumer Rezyklaten (PCR) bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Eigenschaften der Materialchargen. Um in Spritzgießprozessen auch bei derartigen Chargenschwankungen eine konstant hohe Bauteilqualität realisieren zu können, wurde im Projekt „Phasenübergreifende Prozessführungskonzepte beim Spritzgießen unter Nutzung moderner Regelungsstrategien“ das in der ersten Projektphase entwickelte phasenvereinende Prozessführungskonzept für den Einsatz von rezykliertem Kunststoffgranulat weiterentwickelt.
Die zugrundeliegende phasenvereinende Prozessführungsstrategie löst anhand einer durchgängigen Werkzeuginnendruckregelung in Einspritz- und Nachdruckphase erstmalig die Umschaltproblematik konventioneller Prozessführungen beim Spritzgießen auf. Unter Einsatz einer modellprädiktiven Regelung (MPR) konnte eine hohe Reproduzierbarkeit des Prozesses sowie der Bauteilqualität demonstriert werden. Dieses Prozessführungskonzept wurde nun für die Verarbeitung von rezykliertem Kunststoffgranulat weiterentwickelt.

Zunächst wurden dazu Chargenunterschiede im Prüflabor sowie in Spritzgießversuchen erfasst und die Wirkzusammenhänge zwischen Material, Prozessgrößenverläufen und Bauteilqualität abgebildet. Weder zwischen den Materialkennwerten der Rezyklate und der Bauteilqualität noch zwischen den Prozesskennzahlen der Rezyklatverarbeitung und der Bauteilqualität konnte ein eindeutiger Zusammenhang festgestellt werden, da Wechselwirkungen zur Materialzusammensetzung bestehen. Die Kennzahlen des Schneckendruck- und Werkzeuginnendruckverlaufs können jedoch überwacht werden, um Änderungen im Spritzgießprozess zu detektieren und somit Chargenschwankungen im Prozessführungskonzept zu berücksichtigen.
Im Rahmen des Projekts wurde daher der Alternativweg der direkten Qualitätsnachführung verfolgt. Dazu kam eine Bayesian Optimierung (BO) zum Einsatz, die ohne eine explizite Modellierung der Korrelationen zwischen Werkzeuginnendruckreferenz und Bauteilqualität auskommt. Vielmehr werden die Wirkzusammenhänge indirekt über ein datengetriebenes Ersatzmodell (engl. surrogate model) abgebildet. Auf Basis einer erweiterten modellprädiktiven Werkzeuginnendruckregelung und einer überlagerten Referenzoptimierung konnte mittels Bayesian Optimierung eine Nachführung der Bauteilqualität über verschiedene PCR-Chargen und Bauteile erfolgreich demonstriert werden. Die erzielte Reproduzierbarkeit von Prozess und Bauteilqualität übertrifft dabei konventionelle Prozessführungen beim Kunststoffspritzgießen
Projektdaten und Förderung
Wir danken der DFG für die Förderung des Projekts (Förderkennzeichen HO 4776/44-2) und den Projektpartnern für die Zusammenarbeit.
Projektlaufzeit: 05.2022 – 04.2024
Förderung: