Entwicklung einer Berechnungsroutine, die die lokalen Zwischenschichtfestigkeiten effizient bestimmt
Den Vorzügen additiver Fertigungsverfahren stehen stets die Nachteile der durch den Prozess bedingten anisotropen mechanischen Bauteilcharakteristik gegenüber. Eine Herausforderung ist insbesondere die deutlich geringere Zwischenschichtfestigkeit in Aufbaurichtung im Vergleich zur Festigkeit innerhalb der jeweiligen Einzelschichtebene. Im Projekt „Zwischenschichtfestigkeit plastifizierende AF“ wurde deshalb eine Berechnungsroutine entwickelt, die die lokalen Zwischenschichtfestigkeiten plastifizierend additiv gefertigter Bauteile bereits vor der Fertigung möglichst effizient bestimmt.
Die Zwischenschichtfestigkeiten wurden auf Basis der im Maschinencode hinterlegten geometrischen Informationen und Fertigungsparameter ermittelt. Die Berechnungsroutine setzt sich aus zwei aufeinander aufbauenden Teilroutinen zusammen. Die erste Teilroutine dient der Berechnung der lokalen Temperaturverläufe im Zwischenschichtbereich und erfolgt ausgehend von den Fertigungsparametern und geometrischen Bauteilinformationen, die im Maschinencode hinterlegt sind. Die zweite Routine dient zur Berechnung der lokalen Zwischenschichtfestigkeit und nutzt den simulierten Temperaturverlauf als Berechnungsgrundlage. Zur Validierung der errechneten Temperaturverläufe wurde sowohl für die Fused Filament Fabrication (FFF) als auch für das Schneckenextrusionsverfahren (SEV) eine Möglichkeit zur prozessintegrierten Erfassung der Prozesstemperatur realisiert.

Für die Simulation des Additiven Fertigungsprozesses und die damit verbundene Bestimmung von Zwischenschichttemperatur und -festigkeit wurde das FEA-Programmpaket Abaqus inkl. dem Plugin „AM Modeler“ genutzt. Mithilfe des Plugins wurde das zeitabhängige inkrementelle strang- und schichtweise Fertigungsprinzip des SEV- und FFF-Verfahrens modellhaft für ein beliebiges Teil abgebildet. Dabei wurden Bauteilvolumenelemente sukzessive aktiviert sowie eine Temperatur übergeben. Die Definition der Bauteilgeometrie erfolgte über den Import einer STL-Datei in die Simulationsumgebung. Die Bauteilgeometrie wurde anschließend mit einer „Event Series“ überlagert, die die Pfadinformationen der Fertigung enthält.
Ein Vergleich der experimentell ermittelten Zwischenschichttemperaturen mit den simulativ ermittelten Zwischenschichttemperaturen bei Strangablage zeigt eine gute Übereinstimmung. Aus den Ergebnissen wird deutlich, dass die Prozesssimulation die Zwischenschichttemperaturen robust vorhersagt. Die Berechnung der Zwischenschichtfestigkeit baut auf dem Reptationsmodell nach de Gennes auf. Als Grundlage der Berechnung der Ausheilung wurde eine am IKV entwickelte Routine zur Vorhersage der Bindenahtfestigkeit bei amorphen Thermoplasten genutzt (Hopmann, Ch.; Onken, J.; Untersuchung der prozess- und geometrieabhängigen Zug- und Schubfestigkeit von Bindenähten in Polystryol, Kunststofftechnik 15 (2019) 2, S. 148-168). Die Vorhersage der Routine gibt einen Aufschluss darüber, inwieweit die theoretische Festigkeit bei der berechneten Ausheilung erreicht wird. Die errechnete Spannung in der Simulation erreicht eine ähnliche Größenordnung wie der zur Validierung genutzte reale Zugversuch. Da in der Berechnung der Zugfestigkeit keine weiteren mesostrukturellen Einflüsse berücksichtigt werden, ist eine höhere Zugfestigkeit in der Simulation im Vergleich zum realen Zugversuch möglich.
Förderung und Projektdaten
Projekttitel: Entwicklung einer Methode zur verbesserten Vorhersage der lokalen mechanischen Bauteileigenschaften für plastifizierende additive Fertigungsverfahren
Kurztitel: Zwischenschichtfestigkeit plastifizierende AF
Projektlaufzeit: 03/2022 – 03/2024
Ansprechpartner am IKV: Tibor Fritsch, M.Sc. RWTH
Projektförderung durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, IGF-Vorhaben 22191 N